Die recht rauhe und bergige Stablack-Gegend war schon seit Urzeiten besiedelt, wie es viele vorzeitliche Funde bestätigen. Darin lag auch Sangnitten, das in der frühen Ordenszeit ein recht großer gemischter prussischer Ort von 17 1/2 Haken und 1 Freien Dienst war, „Zantonithen“ genannt. Der Name stammt aus der prussischen Sprache, seine Bedeutung ist nicht bekannt. Das Dorf gehörte zum Kammeramt Zinten der Komturei Balga. – Bei dem grausamen Poleneinfall 1414 und auch im „Ständekrieg“ 1454/66 wurde das später „Sangnitten“ genannte Dorf schwer geschädigt, doch erholte es sich langsam wieder. Im „Reiterkrieg“ 1520 wurde es dann fast vollständig verwüstet und verödete.
Es war sicher nicht der Krieg allein, der diese Verödung bedingte, sondern die letzten Bewohner verließen wohl das rauhe Stablackgebiet, weil es in besseren Landstrichen überall freie Höfe gab. Noch 1540 war Sangnitten völlig unbewohnt, nur der Forstreiter Ihme hatte hier seinen Aufenthalt, um den Stablack-Forst zu beaufsichtigen.
1563 sollte Sangnitten neu besiedelt werden. Die Brüder Raphael und Nickel auf Liebnicken wurden zu Schulzen von Sangnitten bestellt und erhielten den Auftrag, für eine Besetzung des Ortes zu sorgen. Dies missglückte jedoch, so dass sie im Jahr darauf ihren Auftrag unerledigt zurückgeben mussten. Im Jahre 1565 wurde ein neuer Besiedlungsversuch unternommen. Der Schulze Valentin, der 4 freie Hufen erhielt, sollte die weiteren 40 Zinshufen des Dorfes besetzen. Dieser hatte mehr Erfolg als seine Vorgänger und als gar 1566 Sangnitten in den Besitz derer v. Waldburg auf Wildenhoff kam, sorgte der äußerst tatkräftige Hans Jakob Truchseß v. Waldburg/Wildenhoff für eine schnelle Neubesiedlung. Bereits 1575 waren bis auf 2 alle rund 45 Hufen des Dorfes besetzt. Sangnitten war aber ein adliges, gutsuntertäniges Bauerndorf der Begüterung Wildenhoff geworden. Bei der Neugründung des Kirchspiels Canditten 1575 wurde es diesem zugeteilt.
Von 1566 bis 1820 blieb Sangnitten ein adliges, untertäniges Dorf der Begüterung Wildenhoff. Die Kirche befand sich in Canditten. 1820 waren in „Sangnitten oder Santenitten“ 106 Einwohner. Im selben Jahr fand die Regulierung der Besitzverhältnisse der Sangnitter Bauern statt, über die nichts bekannt ist. Sie wird sich ähnlich wie in Canditten vollzogen haben. Wahrscheinlich konnten die Bauern das bisherige Land behalten und mussten nur einen jährlichen Zins an Wildenhoff zahlen.
1831 lesen wir: „Sangnitten, in Lehmboden nahe bei Liebnicken, hat 2000 Morgen Land, 13 Bauerngüter, 4 Kätner, 2 Handwerker, 3 Instleute, 113 Einwohner“. 2000 Morgen waren etwa 33 Hufen; das fehlende Land bis etwa 45 Hufen war 1693 zur Anlage des Vorwerks Gottesgnade von Sangnitten abgezweigt worden. – 1846 befanden sich 22 Wohngebäude und 160 Einwohner im aufstrebenden Dorf. Bis 1871 hatte es sich auf 25 Wohnhäuser, 35 Haushalte und 208 Bewohner vergrößert. 1885 war Sangnitten 478 ha groß und hatte 272 Einwohner. 1895 waren zwar 55 Haushalte, aber nur 257 Einwohner im Dorf, das sich auf 448 ha verkleinert hatte.
Im I. Weltkrieg durchstreiften Ende August 1914 russische Kavallerie-Patrouillen das Dorf, ohne dass Schäden entstanden. – Ab 30. 09. 1928 gab es die neue Gemeinde Sangnitten mit den Ortsteilen Gottesgnade, Liebnicken und Bahnhof Sangnitten. Sie war 1008,40 ha groß, hatte 40 Wohngebäude, 72 Haushalte und 326 Einwohner (darunter 2 Katholiken). Der Grundsteuersatz von 7,67 RM je ha und Jahr deutet auf Mittelboden hin. Gemeindevorsteher war 1930 Thiel/Sangnitten. Die Schule im Dorf wurde 1756 gegründet. Als letzte Lehrer waren Skrotzki, Hermann Makowski, Steputat, Jonke und Frl. Puttkammer im Amt. Die Gemeinde gehörte zu Kirche und Standesamt Canditten, zum Amtsgericht Landsberg und zum Amtsbezirk Wildenhoff.
Neben der Landwirtschaft gaben eine Ziegelei und eine Molkerei in Dorfnähe den Einwohnern zusätzliche Verdienstmöglichkeiten. Im Dorf gab es eine Gastwirtschaft mit Saal (Thiel), in der die Feste gefeiert wurden. Eine Postagentur war vorhanden wie auch als Handwerker Schmied, Stellmacher und Schuhmacher. – Sangnitten hatte eine günstige Verkehrslage. Der Bahnhof der Strecke Königsberg – Zinten – Landsberg – Rothfließ war nur 1 km entfernt. Das Dorf lag an der Chaussee Landsberg – Zinten, etwa 13 km von jeder dieser Städte entfernt. Das Kirchdorf Canditten lag 4 km ab. – Die Gemeinde hatte 1939 genau 369 Einwohner. Letzter Bürgermeister war Richard Hill/Sangnitten.
Die letzten Besitzverhältnisse in Sangnitten 1945 mit dem Durchschnitts-ha-Satz von 780 RM waren:
Dawert, Friedrich (3,00 ha), Ewert, Ernst (65,00 ha), Frank, Andreas (24,50 ha), Grünke, Reinhold (25,00 ha), Hill, Richard (38,61 ha), Kenke, Minna (2,00 ha), Kenke, Otto (17.00 ha), Liedtke, Hugo (37,50 ha), Lindemann, Otto (10.50 ha), Martsch, Theodor (17,50 ha), Möck, Hermann (14,00 ha), Neumann, Fritz (6,25 ha), Neumann, Otto (25,00 ha), Pelikan, Charlotte (12,50 ha), Preuß, Minna (20,50 ha), Scheffler, Paul (2,75 ha), Schröder, Adolf (11,00 ha), Thiel, Anton (38,25 ha), Thiel, Walter (21,00 ha), Westphal, Otto (38,86 ha), Gut Wildenhoff (15,00 ha), Schule/Sportplatz (3,25 ha).
Über Aust, Bitter, Stamm, Stobbe und andere liegen keine Angaben vor.
Sangnitten wurde nach schweren Abwehrkämpfen im Raum Stablack-Süd und Canditten erst um den 18. 02. 1945 von Sowjet-Truppen besetzt. Seit Mitte 1945 liegt es im polnischen Besatzungsgebiet unseres Kreises und wird von den Polen „Sagnity“ genannt. Es ist heute polnisches Bauerndorf; der Bahnhof Endstation der polnischen Nebenbahn nach Landsberg und Heilsberg.
(Quelle: Auszugsweise aus „Die Städte und Gemeinden des Kreises Preussisch Eylau“ von Horst Schulz)
Anmerkungen Gerd Birth: Zur Gemeinde Sangnitten gehörten bis 1945 die Ortsteile Gottesgnade, Liebnicken und Bahnhof Sangnitten. Die Eisenbahnverbindung von Heilsberg über Landsberg nach Sangnitten wurde Ende der 1990-er Jahre aufgehoben und die gesamte Bahntrasse im Jahre 2006 abgerissen. Seitdem ist Sangnitten nur noch über eine Straße von Canditten aus zu erreichen.
Fotos aus Sangnitten von damals:
Die Schule in den 30er Jahren. Das Gebäude steht nicht mehr.
Schulklassen 1937 (Foto Dr. Paetzold)
Vor dem Wohnhaus des Bauern Reinhold Grünke 30er Jahre
Neuere Fotos aus Sangnitten (jetzt Sagnity):
Das ehemalige Wohnhaus des Bauern Anton Thiel
Die Ziegelei in Sangnitten. Das Werk arbeitet noch.
Die Dorfstraße in Sangnitten in Richtung Worschienen und Augam